Freitag, 9. Januar 2015

Phönix aus der Asche

 














Gut restaurierter Buggy (angebrannt) abzugeben.

Die ersten Gedanken sind selten die besten. Jedenfalls schien der Ausflug im Januar 2011 das Ende einer Verbindung mit einem Buggy zu bedeuten. Die Flammen züngelten an zwei Brandherden im Motorraum, versengten in Windeseile Teile des Heckbereichs. Zum Glück könnte ein nachfolgender Autofahrer einen grösseren Feuerlöscher aus seinem Kofferraum ziehen.

Zurück in der heimischen Garage dann eine erste Bestandsaufnahme: Viel Löschpulver, viel Teile am Motor erneuern, neue Heckleuchten und eine neue Lackierung fällig. Eigentlich wenig Schaden.

Also erst mal das Heckrestaurieren. Da kann es nicht schaden, gleich neue Lichter einzupassen. Oder gleich das ganze Heck neu gestalten? Wenn aber eh eine Komplettlackierung fällig wird, könnte dann nicht auch an der Front was angepasst werden? Sowieso, an die Elektrik hinter dem Armaturenbrett komm ich doch kaum ran… Und an den Motor sowieso, gleich wie an die Vorderachse. Auch die Bremsen sind doch mit den vier Trommeln und dem Einkreissystem eh zu verbessern. Ausserdem, man könnte im Innenraum etwas mehr Platz für meine Statur schaffen…

So mehrten sich die Gedanken. Letztlich dann der Entschluss, doch gleich etwas ganz Neues aufzubauen. Das müsste doch zu schaffen sein.

Also die Gedanken ordnen, Bilder malen und letztlich auch in Skizzen zu Papier bringen. Böse soll es aussehen und deutlich servicefreundlicher. Bisschen mehr Dampf kann auch nicht schaden. Erste Teile wie die Rückleuchten und Scheinwerfer waren bald gefunden. Die Sitze auch. Für die Mechanik eh. Eine grosse Rolle Glasfasermatte sowie fünf Fässer Laminierharz und ein Kanister Härter in die Garage getragen. Ein Schweissgerät beschafft. Etliche dünne Faserverbundplatten und Kartonbögen gesammelt. Ach, das ganze Verbrauchsmaterial und die Werkzeugmaschinen hätten locker einen Lieferwagen gefüllt. Glaube, die Hälfte der Kosten war vor allem für das ganze Hilfsmaterial aufzuwenden.

Recht rasch fiel der Startschuss bzw. wurde mal das Heck abgetrennt. Mit Holzlatten, Faserplatten, Karton und Klebeband wurde die Karosserie geformt. Immer wieder wurde die Form ergänzt und abgeändert. Manchmal auch tagelange Arbeit einfach wieder abgerissen und von neuem begonnen. Es wurde auf eine Harmonie geachtet. So sind die einzelnen Elemente der Karosserie stets drei Mal vorhanden und dreieckig ausgeführt. Die Sicken an den Flanken fluchten in einer Linie über die verschiedenen Elemente. Selbst die Form der Bügel hinter den Sitzen wiederholt sich in der Formgebung des Schaltknaufs. Der Innenraum dann ist mit sechseckigen Figuren sowie mit Rippen ausgeführt.

 





Keine Kompromisse. Dieser Vorsatz war manchmal ein Elend. Aber dringend nötig, um nicht das Erstbeste als für genügend zu betrachten. Denn dann ist späterer Frust garantiert.

Das Ganze dann im Positivverfahren von Hand laminiert. Als die Karrosserie in einem Stück soweit mal vorbereitet war, konnten die verschiedenen Öffnungen gesägt werden. Die vordere Haube sollte sich nach vorne Klappen, das Heck als Ganzes weit öffnen lassen. Die Möglichkeit eines Kofferraums wurde genutzt. Und vor dem Armaturenbrett eine Klappe vorgesehen, unter der die ganze Elektrik leicht zugänglich bleibt.
 


Die Fronthaube wurde innen mit einem Rohrgestänge verstärkt. Dieses Gestänge war der stabile Teil, an dem die Scheinwerfer, Scharniere und Verschlüsse befestigt wurden. Die Haube selbst diente der Verkleidung. Das Heck bekam mehrere Scharniere, da diese das Gewicht des Teils halten mussten. Das Anpassen all der Hauben und Klappen erforderte Geduld.

 
Das Schleifen und Spachteln wurde nicht zum Exzess geführt. Schliesslich soll Raptor einen lebendigen Eindruck machen. Bewusst sind Verletzungen" der Karosserieoberfläche belassen worden. Zusammen mit der Bemalung erzeugt dies den Eindruck einer gezeichneten Haut. Und: Schliesslich hat Jeder eine glatte, glänzende Oberfläche an seinem Auto. Raptor soll anders sein.

Etwas unglücklich fiel der Zeitpunkt der Lackierung in den Winter. Zu kalt also um in der unbeheizten Garage Farbe aufzutragen. So wurde die Karosserie über den Balkon im Hochparterre und diagonal durch das Fenster ins Wohnzimmer verfrachtet. Warm und trocken genug also. Die Hammerschlagfarbe wurde mit Rollen aufgetragen. Nach der Trocknung das ganze Auto abgeklebt, das Muster aufgezeichnet, ausgeschnitten und dann mit einem leicht dunkleren Ton aufgebracht.


 



Ebenfalls in der Winterzeit wurde das Kunstleder für den Innenraum genäht. Auch eine Arbeit in der warmen Stube und nicht in der kalten Garage. Obwohl dort doch auch die Technik angegangen wurde. Die Bremstrommeln wichen einer kräftigen Scheibenbremsanlage samt Umbau auf das nun eh nötige Zweikreisbremssystem. Ebenso wurde das Fahrgestell gleich aufgehübscht und die Sitzhalterung nach hinten verschoben. Noch eine Verlängerung der Lenksäule gefertigt sowie die gekürzte Frontscheibe in Auftrag gegeben.



Als die Temperaturen wieder nasentropfenfreies Arbeiten in der Garage ermöglichten, ging es an den Neuaufbau. Teil um Teil wurde zum Ganzen zusammengefügt. Die ganze Elektrik neu verlegt und gleich noch die Gimmicks wie Beleuchtung für die Rippen in den Flanken oder den Raptorschriftzug in der Abdeckhaube zur Elektrik angebracht. Eine satte Beschallung durfte auch nicht fehlen. Schliesslich galt es, den erwarteten Auspuffkrawall noch zu übertönen…


Selbst der Motor konnte nun fertiggestellt werden. Das Gehäuse erfuhr eine tiefgreifende Überarbeitung, um die grossen Zylinder und weit greifende Kurbelwelle aufnehmen zu können. Spitze Nockenwelle, weiter übersetzte Kipphebel, verstärkte Ventilfedern, grössere Ölpumpe, externe Ölkühler, grosse Doppelvergaser, Entlüftungen, elektrische Benzinpumpe, dicke Auspuffrohre, erleichtertes Schwungrad und straffere Kupplung sollten für etwas mehr Fahrfreude sorgen.

Als alles zusammengesetzt war, kam der grosse Moment des Motorstarts. Doch der Anlasser hatte seine Mühe die deutlich gestiegene Kompression des hubraumerstarkten Motors zu überwinden. Also musste ein untersetzter Anlasser her.
 


 Die erste Ausfahrt verlief zufriedenstellend. So galt es nun, den amtlichen Segen zu erlangen. Raptor trat im Juli 2012, nach eineinhalb Jahren intensiver Bauzeit, zur Fahrzeugkontrolle an. Nun, der Prüfer hatte ordentlich zu tun. Es resultierte die Forderung nach zwei ergänzenden Gutachten.
 
 

 


Das Gutachten für die Karosserieformgebung konnte erteilt werden, wenn die Vorderachse noch abgedeckt wurde. Die Scheinwerfer konnten die Leuchtkraft für das Standlicht nicht genügend aufbringen. So wurde dann die Vorderachsabdeckung mit integrierten Standlichtern nachgereicht. Bei der erneuten Fahrzeugabnahme wurde nichts mehr beanstandet.

Phönix bzw. Raptor war im August 2012 geboren.


 
Bericht von Markus Lüthi

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Der Dreizehnte ist dann ein Glückstag, wenn er nicht auf einen Freitag fällt. Bei prächtigem Sonnenschein gelang Raptor gestern die Hürde, um sich wieder für die nächsten mindestens zwei Jahre auf der Strasse auszutoben. Hat natürlich nicht viel mit Glück zu tun, der Bursche ist in bemerkenswerter Form. Naja, musste auch oft repariert werden in letzter Zeit... Hauptsache, er bleibt uns weiterhin erhalten.
Küsu

Don Bärtro hat gesagt…

Hi Küsu,
da drücken wir doch alle die Daumen für viele unbeschwerte Fahrten in der kommenden Saison.