Freitag, 4. Juli 2014

Ein Tag mit einem potenten Sportwagen

Da muss man halt erst fünfzig werden, bis Mann ein adäquates Auto lenken darf…
Jedenfalls war es ein tolles Geschenk. Das Dumme daran: Es macht süchtig!
Zwei Millimeter den kleinen Zeh bewegen – schon darf ich um meine Lizenz bangen. Das Ding geht wirklich gewaltig.
Selbst bei 160 kriegst du den Kopf kaum nach vorne gedrückt. Habe ja schon einige PS von der Leine gelassen, aber das hier ist dann schlicht eine andere Liga.
Zur Runde gehören maximal 400 Kilometer. Die galt es dann doch einigermassen dorthin zu legen, wo es viele Kurven und wenig Verkehr hatte. Es ist nicht schlecht gelungen.
Von Zürich Richtung Heimbasis, dort den Nachwuchs auch für eine kleine Runde am Erlebnis teilhaben lassen. Dann Richtung Entlebuch und über den Glaubenbielenpass, Brünigpass, Sustenpass, Sattel, Aegerisee zurück.
Das Wetter wechselte dabei im Viertelstundentakt. Letztlich aber dann doch mehrheitlich so, dass der Schalter auf der Mittelkonsole die Haube zwischen Sitze und Motor falten konnte.
Was dann auch etwas angenehmer war, denn meine Statur wurde bei der Gestaltung der Innenraumabmessungen wohl nur am Rand in die Überlegungen einbezogen.Aber es ging recht ordentlich. Im Automatikmodus ist so ein Wagen ganz easy zu bewegen, wie ein Golf in Grundausstattung. Sogar erstaunlich komfortabel. Ein, zwei Mal am Schaltpaddel ziehen, den kleinen Zeh etwas drücken, schon schreit der Motor durch die Täler und das vorne stehende landwirtschaftliche Fuhrwerk liess den Vorwärtsdrang nicht wirklich gebremst. Auch ohne ein Zurückschalten entfaltet sich eine beeindruckende Klangkulisse. Aus tieferen Drehzahlen grollt der Zehnzylinder kernig dumpf wie eine Ami-V8 um dann nach dem Öffnen der Auspuffklappen in ein Formel-1-Brüllen überzugehen. Es kann nicht genug Tunnel geben…
Interessant auch das Pedalgefühl an der Bremse. Beim lockeren, heisst im legalen Geschwindigkeitsbereich liegenden cruisen fühlt es sich wirklich undefiniert an. Bei leichtem Treten passiert fast nichts. Etwas fester, schon ist das Gurttragen hilfreich.
 
Doch bei der Passabfahrt mit dauerndem Beschleunigen aus den Kurven und deutlichem Anbremsen der nächsten mögen sich die Keramikteller in den Radschüsseln zu erwärmen. Dann geht das richtig präzis.
Die Lenkung ist unglaublich direkt ausgelegt. Jedem Zucken folgt der Vorderwagen sofort. Sicher auch den adaptiven Dämpfern geschuldet und wohl noch mehr dem Gummi, dessen Querschnitt  wohl lediglich durch Aufdampfen einer dünnen Schicht auf die Felgen entstanden ist. Das Ding ist kaum zum Wimmern in Kurven oder zum Rutschen auch auf feuchter Fahrbahn zu bringen. Der Grenzbereich wird wohl ein Stück höher liegen, als ich es überhaupt auszuloten wagte, oder dann arbeiten die elektronischen Fahrstabilitätshelfer derart schnell und präzis, dass davon nichts zu Spüren bleibt.
Fazit: Keine Angst vor so einem Auto. Nur etwas Vorsicht ist geboten, weil die Versuchung in jedem Moment lockt, sich ausserhalb des Radars der Rennleitung zu wähnen.
Ach ja, erstaunlich auch, der Bordcomputer vermeldet trotz engagierter Fahrweise über Pässe einen eigentlich erstaunlich niedrigen Verbrauch von um die dreizehn Liter. So war der Lambo bei der Abgabe noch fast halb voll.
Begrabt die Vorurteile von harten, giftigen, unkontrollierbaren, saufenden, engen, unkomfortablen Supersportwagen. Dem ist nicht so. Vielleicht auch deshalb, weil mit Audi eine Konzernmutter für eine anständige Erziehung sorgt.
Was aber stimmt: Die sind laut, betörend, auffällig, zwingen zum Dauergrinsen und sind – leider, leider, leider – sauteuer.
Aber gopf, jetzt bin ich angefixt. Glaub, ich verkaufe mein Haus…
Markus Lüthi

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